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Aufruf von Libertad! und Rote Hilfe zum bundesweiten Aktionstag 18. März 2002
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Die Solidarität mit den politischen Gefangenen hat nichts von ihrer Dringlichkeit verloren. Überall auf der Welt sind Frauen und Männer aus sozialen und revolutionären Bewegungen mit staatlicher Verfolgung und Gefängnis, manchmal auch mit dem Tod konfrontiert, wie es das seit mittlerweile 16 Monaten andauernde Todesfasten der türkischen politischen Gefangenen gegen Isolationsfolter zeigt. "Krieg gegen den Terrorismus" als Weltinnenpolitik. Der 11. September und der seitdem gestartete „Krieg gegen den Terrorismus" haben weltweit die Bedingungen für emanzipatorische Politik neu gesetzt, in jedem Land, auf jedem Kontinent, in jeder gesellschaftlichen Auseinandersetzung. So wurden in Deutschland wie auch in den übrigen EU-Staaten eine Vielzahl von Gesetzen verabschiedet, mit denen hemmungslos die Repressionsorgane ausgebaut und ihre Zusammenarbeit intensiviert werden. Die dabei am meisten erfaßte und von rassistisch motivierter Repression betroffene Bevölkerungsgruppe sind Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten. In den USA wurden nach dem 11. September politische Gefangene in Isolationshaft verlegt und unter Kontaktsperre gestellt. Aufgrund von Protesten mussten diese Maßnahmen wieder rückgängig gemacht werden. In der Türkei stürmten am 5. November 3000 Polizisten mit Panzern und Bulldozern Häuser in dem Istanbuler Stadtviertel Küçük Armutlu, wo sich Angehörige und vorläufig entlassene Gefangene ebenfalls in einem Todesfasten gegen Isolation befanden. Bei dieser Operation wurden sechs Menschen ermordet. In Spanien wurde die baskische Gefangenenhilfsorganisation Gestoras pro-Amnistia, die seit 20 Jahren den Schutz der baskischen politischen Gefangenen organisiert, verboten und 12 ihrer Mitglieder verhaftet. Das sind nur ein paar Beispiele dafür, wie im Fahrwasser des „Krieges gegen den Terrorismus" politische Gefangene und die Solidarität mit ihnen angegriffen werden. Aber auch schon vor dem 11. September hat das letzte Jahr deutlich gemacht, dass die Proteste und Demonstrationen gegen die globale Ausbeutung und Unterdrückung zunehmend mit Ausreiseverboten, brutalen Polizeieinsätzen, Massenfestnahmen und hohen Haftstrafen konfrontiert sind. Militante Demonstrantinnen und Demonstranten werden als „linke Hooligans" und „Verbrecher" denunziert. Das zielt auf Abschreckung aller, die gegen die kapitalistische Zurichtung der Welt auf die Straße gehen. Ihr Widerstand soll entpolitisiert und kriminalisiert werden. Trauriger Höhepunkt dieser Repression in Europa war im letzten Jahr die Ermordung von Carlo Giuliani in Genua durch italienische Polizisten. Wessen Welt ist die Welt? G8, IWF oder Deutsche Bank sind genauso wie NATO, Bundeswehr oder US-Army direkt verantwortlich für eine Politik, die in ihrer Konsequenz immer mehr Menschen eine katastrophale Lebensperspektive aufzwingt. Die Mehrheit der Menschen steht im Abseits und ist unter Umständen zum Abschuß freigegeben. Das ist weder Schicksal noch naturbedingt. Niemand müsste heute noch verhungern, an heilbaren Krankheiten sterben, auf der Straße leben, im Müll hausen: Die Menschheit könnte in dieser Welt sehr viel bewegen; sie besser und gerechter machen. Und das ist keine banale, abgeschmackte Utopie. Die Ressourcen, die technischen Möglichkeiten, die sozialen Erfahrungen und das historische Wissen sind sehr wohl dafür vorhanden. Genau in diesem zentralen Widerspruch bewegen sich international alle Auseinandersetzungen. Es geht um die Frage der Verfügungsgewalt über das eigene wie das gesellschaftliche Leben. Von Genua bis Gaza, von Türkei/Kurdistan bis Buenos Aires: Dass sich immer wieder Menschen gegen die herrschenden Verhältnisse in Bewegung setzen, so unterschiedlich und widersprüchlich sich das auch ausdrückt, ist vor allem, weil sie es nicht mehr aushalten. Den Zwang dieser Verhältnisse, rassistische Diskriminierungen und soziale Ausgrenzung, die Verlogenheit und Doppelmoral der offiziellen Politik wie auch im gesellschaftlichen Leben. Und es sind oft sehr unmittelbare Bedürfnisse, die das Feuer der Rebellion und des Widerstands entfachen. Bedürfnisse nach Gerechtigkeit und Selbstbestimmung; die eigene Würde zu erobern gegen unmenschliche gesellschaftliche Verhältnisse. Keine noch so gut formulierte Rhetorik von Liberalisierung und Privatisierung kann das zudecken. Und der auf Neuordnung der Verhältnisse und Kaltstellen jeder fundamentalen Opposition zielende globale Kriegszustand wird die Stimme der Unterdrückten nicht zum Schweigen bringen. Gegen das Vergessen! Trotz unterschiedlicher Realitäten in der Welt, die objektive Entwicklung macht es heute mehr denn je möglich, die Revolten und Widerstände zu vernetzen und die Solidarität mit den politischen Gefangenen international zu stärken. Dabei gilt auch: Die Erfahrungen gesellschaftlicher Kämpfe der Vergangenheit sind nicht tot. Wo immer Menschen das Leben wagen, lebt auch die Erinnerung an sie. Gestern, Heute, Morgen. So ist das Datum des bundesweiten Aktionstages nicht willkürlich gewählt. Der 18. März steht für die Barrikadenkämpfe der aufständigen Massen in Berlin 1848 gegen den Feudalismus und die preußische Armee. Er steht weiterhin für den Beginn der Pariser Kommune 1871, der ersten Räterepublik der Welt, und er war schon in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein Aktionstag der internationalen Roten Hilfe für die Solidarität mit den politischen Gefangenen. Bewusst an diese Traditionen der europäischen Klassenkämpfe anknüpfend, rufen Libertad! und Rote Hilfe zum siebten bundesweiten Aktionstag auf. Schutz und Solidarität für politische Gefangene und von staatlicher Repression Betroffene wird es nur dort geben, wo sie selbst organisiert und erkämpft werden. Dafür steht der 18. März: Diejenigen nicht zu vergessen, die aus den weltweiten Widerstandsprozessen gerissen wurden. Auch dann nicht, wenn wir sie nicht persönlich kennen. Es ist ein politisches Verhältnis. Wofür in Kurdistan, Argentinien oder in den USA gekämpft wird, sollte auch hier gekämpft werden. Und was dort verloren wird, wird in letzter Konsequenz auch hier verloren. Vergessen wir nicht, dass es auch in deutschen Gefängnissen nach wie vor eine ganze Reihe von politischen Gefangenen gibt. Beispielsweise aus RAF und anderen militanten Gruppen, ehemalige DDR-Funktionäre, türkische und kurdische Aktivistinnen und Aktivisten, Totalverweigerer, Flüchtlinge in Abschiebehaft. Ihnen allen gehört unsere Solidarität.
Beteiligt euch mit eigenen Aktivitäten am diesjährigen 18. März!
Frankfurt und Göttingen, den 01.02.2002 |
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Quelle: Linkeseite Siehe auch: Libertad Rote Hilfe |
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