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Freiheit für Todeskandidat Nummer 101
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Wenn der US-Präsident nächste Woche Berlin besucht, wird einer der Anlässe zu den vielfältigen Protesten die Todesstrafe sein, die George Bush schon als Gouverneur von Texas gnadenlos vollstrecken ließ. Als Präsident hat er zwar unmittelbar mit der Verhängung und Vollstreckung nichts mehr zu tun, er steht aber wie ein Symbol für die Todesstrafe in der politischen Landschaft. Über 3700 Gefangene sitzen derzeit in den Todestrakten der USA.
Auch eine andere Zahl wird man Bush entgegenhalten können: In den USA wird nicht nur die Zahl der Hinrichtungen erfaßt, sondern auch die jener Menschen, die seit 1976, als die Todesstrafe nach vierjähriger Suspendierung wieder eingeführt wurde, dem Henker gerade noch entkamen. Diese Zahl hat jetzt eine Schallmauer durchbrochen, als im April Ray Krone aus York County, Pennsylvania, als 100. Todeskandidat freigelassen werden mußte. Seit 1991 befand er sich in Arizona im Todestrakt wegen eines Mordes, den er nicht begangen haben kann, wie ein kürzlich durchgeführter DNA-Test bewiesen hat. Und vorletzten Freitag wurde als Nummer 101 der unschuldig zum Tode Verurteilte Thomas H. Kimbell jr. aus einer Todeszelle in Pennsylvania entlassen. Kimbell hatte genau wie Krone stets seine Unschuld beteuert. Kimbell ist der vierte Gefangene, der im Bundesstaat Pennsylvania seit 1978 wegen erwiesener Unschuld freigelassen werden mußte. Ein weiterer Gefangener aus Pennsylvania, der spätestens letztes Jahr hätte freigelassen werden müssen, ist Mumia Abu-Jamal. Doch nach wie vor weigert sich die Justiz, den geständigen Berufskiller Arnold Beverly in dem Fall auch nur zu vernehmen. Beverly hat Abu-Jamals Beteuerung, den Polizisten Daniel Faulkner nicht erschossen zu haben, längst bestätigt und will sich der Justiz stellen. Aber die Justiz in Pennsylvania macht in diesen Wochen in Abu-Jamals Fall nicht durch konsequente Anwendung der Gesetze und Gerechtigkeit von sich reden, sondern nur dadurch, daß ihr treuester Verfechter des staatlichen Mordens eines natürlich Todes gestorben ist. Der 81jährige Richter Albert Sabo, der nicht nur 1982 für das politische Todesurteil gegen Abu-Jamal verantwortlich war, sondern als aus dem Ruhestand geholter Senior Judge auch 1995 das Wiederaufnahmeverfahren in bekannter Manier in erster Instanz ablehnte, ist am vergangenen Mittwoch in Philadelphia in einem Hospital einem Herzversagen erlegen. Doch Sabos Dahinscheiden wird kaum einen Einfluß auf die Art und Weise haben, mit der die Justiz in Pennsylvania Abu-Jamals Fall weiter behandeln wird. Schon gar nicht, seit mit dem ehemaligen Gouverneur von Pennsylvania, Thomas Ridge, nun einer der schärfsten Befürworter der Hinrichtung Abu-Jamals als »Koordinator der Heimatverteidigung« mit Sondervollmachten für die innere Sicherheit in George W. Bushs Kabinett sitzt. Dann können positive Einflüsse auch auf Abu-Jamals Fall schon eher von Maßnahmen ausgehen wie der des Gouverneurs von Maryland, dem zweiten Bundesstaat nach Illinois, in dem der höchste Regierende ein Moratorium über die Todesstrafe verhängt hat. In Annapolis verkündete Gouverneur Parris Glendening vergangenen Donnerstag, dieses Moratorium werde so lange gültig sein, bis alle Fragen der möglichen rassistischen Einflüsse auf die Urteile ausgeräumt sind. * Info: www.MoratoriumCampaign.org |
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Quelle: junge Welt vom 14.05.2002 |
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