Zurück zu Dokumente  Mumia Solidaritäts Index MSI [de]   05.12.1999 
Demonstrationen, Kundegebungen und mehr Links ins WWW Kontakt aufnehmen
 
  Homepage Dokumente Email: info.msi@gmx.de - keine email ?
  Über John Brown und Mumia Abu-Jamal.
Von Victor Grossman; junge Welt vom 02.12.1999 'Schafott-Justiz'
 
 

John Brown died that the slaves might be free, and his truth goes marching on! -
John Brown starb, damit die Sklaven frei werden, und seine Wahrheit marschiert weiter!

Am 2. Dezember 1859, vor 140 Jahren, stieg in Charlestown (West Virginia) ein großer, älterer Mann mit weißem Bart auf ein Schafott, bekam eine Schlinge um den Hals und wurde gehängt! Fünf andere folgten. Am 2. Dezember 1999, heute, sollte einem jüngeren schwarzen Mann mit langen Rastalocken in einer Sonderzelle ein tödliches Gift in die Venen eingespritzt werden. Wenige Wochen zuvor wurde die Entscheidung verschoben. Mumia Abu-Jamal hat noch eine Chance.

Was verbindet den weißen Mann aus dem 19. Jahrhundert mit dem schwarzen Mann aus dem 20., der - verdammt - auch das 21. Jahrhundert erleben wird! Als John Brown 13 war, erlebte er, wie ein gleichaltriger Freund ausgebeutet, gedemütigt und hart geschlagen wurde. Er war ein schwarzer Sklave. Als Brown erwachsen wurde, schwor er, den Fluch der Sklaverei in den USA zu bekämpfen. Auch Mumia, geboren 1954, merkte früh, daß im Lande viel zu verändern war. Er mußte es merken, er war Schwarzer in Philadelphia, »der Stadt der Bruderliebe«, der Unabhängigkeitserklärung und der Freiheitsglocke - und eine der brutalsten, rassistischen Städte in einem Land, das genügend rassistische Städte besitzt. Mit 14 Jahren wurde er bei einer Demonstration verhaftet.

Die Black Panther Party nutzte in den 60er Jahren das inzwischen berühmt gewordene Verfassungsrecht, Waffen zu besitzen und zu tragen, was bis dahin nur Weißen gestattet war. Sie nahm den Kampf gegen Polizeibrutalität auf und organisierte kostenlose medizinische Hilfe für die Menschen im schwarzen Ghetto. Mumia wurde 1969 Mitbegründer der Black Panther Party in Philadelphia.

1855 ging es zunächst um Kansas. Die Sklavenhalter von Missouri schickten Mordbanden über die Grenze, um auch Kansas als Sklavenstaat zu sichern. John Brown, seine Söhne und seine Anhänger griffen zu den Waffen. Mumia Abu-Jamal hatte sich den afrikanischen Namen gewählt und arbeitete im kleinen Sender der Afroamerikaner. Er schloß sich einer kleinen Gruppe an, die sich »Move« nannte. Sie gründeten Wohngemeinschaften in Philadelphia und einigen anderen Städten. Die Polizei reagierte mit Gewalt auf sie: Bei einem Großangriff wurde 1981 ein Polizist im Kreuzfeuer der eigenen Leute getötet. Neun der »Move«- Leute wurden »wegen Mordes« zu je 30 bis 100 Jahren verurteilt. Mumia berichtete über die Ungerechtigkeit des Prozesses. Man nannte ihn »die Stimme der Stimmlosen«, »the voice of the voiceless«. Danach ließ ihn die Polizei nicht mehr aus den Augen.

In einer kalten Oktobernacht des Jahres 1859 überquerten John Brown und 22 Mitkämpfer, schwarz und weiß, die Potomac-Brücke von Maryland ins südliche Virginia, eroberten ein befestigtes Arsenal und eine Waffenfabrik der kleinen Ortschaft Harper's Ferry. Sie hofften, einen Stützpunkt für die Flucht der Sklaven zu schaffen. Der Plan scheiterte an der Feigheit und Dummheit von zwei Teilnehmern. Marineinfanteristen eilten heran, geführt von Robert E. Lee, dem späteren Kommandeur der Südstaatenarmee. Nach vierzigstündigem Kampf waren zwei von Browns Söhnen und acht andere Männer tot, er selbst wurde mit sechs anderen verletzt gefangengenommen, sechs konnten fliehen. Zunächst stand das ganze Land unter Schock. Doch immer mehr Menschen im Norden wurden davon beeindruckt, wie würdig sich Brown beim Prozeß benahm: »Ich meine, daß ich jetzt der Sache, die ich so sehr liebe, nicht besser dienen kann, als für sie zu sterben; und mit meinem Tod werde ich vielleicht mehr schaffen als in meinem Leben.«

So war es auch. Der Haß gegen die Sklaverei verbreitete sich. Als 1860 Abraham Lincoln zum Präsidenten gewählt wurde, lösten die Sklavenhalter den Bürgerkrieg aus. Das oben zitierte Lied wurde zur Hymne der Nordtruppen. Nach vier blutigen Jahren kam es zum Verbot der Sklaverei.

Dieses Verbot führte nicht zum Ende der Unterdrückung und eines Rassenhasses, der bis in unsere Gegenwart den Fortschritt verhindert. Menschen wie Mumia kämpfen dagegen, sind also »im Wege«! 1982 geriet er in eine Schießerei der Polizei, die seinen Bruder angegriffen hatte. Mumia wurde schwer verletzt, ein Polizist starb. Als man merkte, wer erwischt worden war (oder planten sie es so?), setzten sie auf Rache. Mumia erhielt einen unfähigen Pflichtanwalt und wurde gehindert, sich selbst zu verteidigen, schließlich fällte Richter Sabo das Todesurteil.

Seit 17 Jahren kämpft Mumia, nun mit der Hilfe von Anwälten wie Leonard Weinglass, darum, aus der Todeszelle zu kommen und einen neuen Prozeß zu erhalten, in dem Fakten, die damals verheimlicht, und Zeugen, die erpreßt wurden, nunmehr die Wahrheit offenbaren können. Das wurde stets verweigert. Vor kurzem kam der Fall endlich vor Richter Yohn, der beiden Seiten Gelegenheit geben will, ihre Positionen darzulegen. Alles ist möglich, auch das Schlimmste.

Vieles hängt davon ab, wieviel Druck in der Welt erzeugt wird. Mumia sagte: »Dies ist nur die nächste Stufe dieses Kampfes. Wir werden den Kampf fortsetzen. Wir werden siegen!«

Der Sieg ist nicht nur wichtig, um seiner Frau und seiner Tochter einen Unschuldigen zurückzugeben und eine mutige Stimme zu befreien. Es wäre ein Sieg über die Todesstrafe, besonders gegen Minderheiten und Arme; 3 500 Menschen, mehrheitlich Farbige, warten in den USA auf Galgen, elektrischen Stuhl, Gas oder Giftspritze. Es wäre ein Sieg für ärmere Menschen überall, für alle, die sich ehrlich um »Leben, Freiheit und das Streben nach Glück« mühen, wie es in der US- Unabhängigkeitserklärung heißt, die in Philadelphia vor mehr als zweihundert Jahren stolz proklamiert wurde.

Der alte John Brown berief sich darauf, und es gilt genauso in Frankfurt und Erfurt, Hamburg und Berlin, für Türken, Kurden, Afrikaner und Vietnamesen wie für alle anderen. Für uns alle gilt der Kampf um Mumias Leben und Freiheit!

 
Quelle: http://www.reitschule.ch/reitschule/infoladen/Mumia/991202jwjohnbrown.shtml
   zum Anfang der Seite
  Homepage Dokumente Email: info.msi@gmx.de - keine email ?