Mitteilung an die Medien - Vorbereitungskomitee Kaiserslautern - 1.11.1999

Hinrichtungsbefehl gegen den Journalisten Mumia Abu-Jamal unterschrieben

Am 4. Oktober 1999 lehnte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington D.C. das Gesuch ab, das bisherige Verfahren gegen den von der Todesstrafe bedrohten Mumia Abu-Jamal zu überprüfen. Daraufhin unterschrieb Gouverneur Ridge am 13.Oktober 1999 den Hinrichtungsbefehl, der am 2.12.99 vollzogen werden soll. Damit löst er sein Wahlkampfversprechen ein, Mumia Abu-Jamal möglichst schnell hinrichten zu lassen. Dies, obwohl bekannt war, daß das Anwaltsteam Abu-Jamals am 15.Oktober einen Antrag auf eine Habeas Corpus-Verfügung beim zuständigen Bundesbezirksgericht in Philadelphia ( federal district court ) gestellt hat. Der zuständige Richter William Yohn hat am Dienstag, den 26.10.99 die Aufschiebung der Hinrichtung während der nun folgenden Gerichtsverhandlung angeordnet. Dieses Gericht auf Bundesebene ist dazu befugt, die zahlreichen neuen Beweise anzuhören und damit die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen.

Der heute 45-jährige Journalist Mumia Abu-Jamal wurde 1982 wegen angeblichem, aber nie zweifelsfrei erwiesenem Polizistenmord von einem Geschworenengericht im pennsylvanischen Philadelphia zum Tode verurteilt. Der durch seine mehr als 30 Todesurteile berüchtigte Vorsitzende Richter, Albert Sabo, zeichnete sich dadurch aus, daß er durch öffentliche Äußerungen und sein Verhalten im Gerichtssaal immer wieder seine rassistisch motivierte Ablehnung gegen den Angeklagten und generell gegen nicht weiße Amerikaner unverhüllt zum Ausdruck brachte. Er gehörte zu den prominenten Mitgliedern der Polizeibruderschaft "Fraternal Order of Police", deren Mitglied angeblich von Mumia Abu-Jamal ermordet worden sein soll. Dies konnte weder durch Zeugen noch durch Indizien glaubhaft nachgewiesen werden. Gleichzeitig wurden Entlastungszeugen eingeschüchtert und Beweise seiner Unschuld nicht zur Kenntnis genommen.

Seit dem Gerichtsurteil ließen Albert Sabo und die politisch Verantwortlichen nichts unversucht, die Vollstreckung der Hinrichtung des Verhafteten zu vollziehen. Die Gründe dafür finden sich in der früheren beruflichen und politischen Tätigkeit Mumia Abu-Jamals. Als schwarzer Radiojournalist und ehemaliger Aktivist der Black Panther Party in Philadelphia berichtete er über soziale Probleme von Minderheiten in den USA sowie rassistische Brutalität und Übergriffe der örtlichen Polizei. 1981 bezeichnete ihn deshalb die größte Tageszeitung der Stadt, der "Philadelphia Inquirer", als die "Voice of the voiceless", die Stimme der Stimmlosen. Ein Jahr zuvor war er von der regionalen "Vereinigung schwarzer Journalisten" zu ihrem Präsidenten gewählt worden.

Das Todesurteil gegen Mumia Abu-Jamal und das ständige Bemühen von juristischer und politischer Seite, ihn möglichst schnell hinrichten zu lassen, sorgte nicht nur in den USA, sondern international für öffentliches Aufsehen und Solidarität. 1995 konnte dadurch verhindert werden, das die bereits terminierte Hinrichtung vollstreckt wurde. Die US-amerikanische Justiz mußte den Verteidigern des Gefangenen das Recht zugestehen, einen Antrag zur Wiederaufnahme des Verfahrens an den Obersten Gerichtshof von Pennsylvania zu stellen. Dieser wurde allerdings im Oktober 1998 abgelehnt, so daß die Rechtsanwälte durch ein Gesuch beim Obersten Gericht der USA in Washington D.C. die Überprüfung des Verfahrens beantragten. Dieser Schritt kann nicht einer Berufung gleichgesetzt werden, sondern allenfalls einer Bitte, diesen spezifischen Fall Mumia Abu-Jamal anzunehmen.

Im Kern ging es der Verteidigung um die Bewertung der folgenden Sachverhalte: Zum einen, inwieweit der zum Tode Verurteilte seines verfassungsmäßigen Rechts auf eigenständige Verteidigung in einem Strafverfahren beraubt wurde; denn Mumia Abu-Jamal zweifelte an der Lauterkeit seines Pflichtverteidigers. Zweitens sollte überprüft werden, ob das Verfahren fortgesetzt werden durfte, nachdem der Angeklagte aus dem Gerichtssaal entfernt worden war, weil er gegen den Entzug des Rechts auf eigenständige Verteidigung protestiert hatte. Damit wurden Mumia Abu-Jamal fundamentale Rechte vorenthalten, so daß sich der Prozeß gegen ihn nicht nur durch rassistische Motive und Angriffe, sondern auch durch grobe Verfahrensfehler auszeichnete.

Die Ablehnung des Gesuchs ermöglicht Gouverneur Ridge, Mumia Abu-Jamal hinrichten zu lassen. Schon In seinem Wahlkampf zur Aufstellung als Kandidat der Republikaner für den Vizepräsident der USA kündigte Thomas Ridge öffentlich an, daß er den Hinrichtungsbefehl zu einem möglichst frühen Zeitpunkt unterzeichnen werde. Dies geschah nun, Mumia Abu-Jamal wurde unverzüglich in die sogenannte "Phase II" im Todestrakt verlegt, in dem der Gefangene von der Außenwelt faktisch abgeschnitten ist, weil er keine persönlichen Gegenstände (Bücher, Zeitungen usw.) besitzen und keine Besuche mehr empfangen darf. Gleichzeitig bleibt der Verteidigung nur noch ein Weg, die Hinrichtung zu verhindern: den Bundesberufungsprozeß. Die Rechtsanwälte haben das Distriktbundesgericht von Pennsylvania angerufen und beantragen, die Vollstreckung der Todesstrafe an Mumia Abu-Jamal auszusetzen. Dabei ist der Vorsitzende Richter befugt, die Entscheidung Albert Sabos abzulehnen und eine neue Anhörung und Beweisaufnahme zuzulassen.

Dadurch erhielte Mumia Abu-Jamal die Möglichkeit - vielleicht seine erste echte Chance - alle Entlastungsbeweise und -zeugen ins Verfahren gegen sich einzubeziehen. Dieses Ziel der Verteidigung unterstützen die deutschen und internationalen Initiativen gegen die Hinrichtung des schwarzen Journalisten mit öffentlichen Aktionen. Denn die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigten, daß nur die aktive Solidarität und weltweite Aufmerksamkeit die Vollstreckung der Todesstrafe gegen Mumia Abu-Jamal bisher verhindern konnten. Die Verantwortlichen in der US-amerikanischen Justiz und Politik sollen wissen, daß sie ihre Entscheidung nicht unter Ausschluß der Öffentlichkeit und unter Verletzung der Menschenrechte treffen können. "Solidarität trägt mich vom Tod zum Leben", sagte Mumia Abu-Jamal - ohne vielfältige breite Proteste droht ihm die baldige Hinrichtung.

Das Verfahren gegen Mumia Abu-Jamal hat internationale Aufmerksamkeit erreicht. Weltweit setzen sich Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, so z.B. GewerkschaftlerInnen, Frauenrechtlerinnen, PolitikerInnen, SchriftstellerInnen, für die Freiheit Abu-Jamals und ein gerechtes Wiederaufnahmeverfahren ein. Darunter unter anderem die Nobelpreisträger Desmond Tutu und Günter Grass. Weiterhin die Schriftstellerin Alice Walker wie auch die Mehrheit des Europaparlamentes. Und der Bundesvorstand der IG-Medien appellierte mit einem Brief an den US-amerikanischen Präsidenten William Clinton, Abu-Jamal entgegen dem Hinrichtungsbefehl Ridges zu begnadigen. In dem Schreiben heißt es, man habe den Prozeß gegen den Journalisten aufmerksam verfolgt und den Eindruck gewonnen, daß rassistische Einstellungen beim Vorsitzenden Richter und wahltaktische Überlegungen des Gouverneurs das Vorgehen gegen den Verurteilten bestimmen.

In diesem Sinne ruft das Bundestreffen der Komitees "Freiheit für Mumia Abu-Jamal" in der BRD zu einer Demonstration am Samstag, 13. November 1999 in Kaiserslautern auf. Redebeiträge gibt es u.a. von Peter Gingold von der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (VVN-BdA), von dem PDS-Bundestagsmitglied Winfried Wolf und von dem Bundestreffen der Mumia-Abu-Jamal Unterstützungskomitees. Die Kundgebung beginnt um 12 Uhr vor der Stiftskirche.


Nähere Informationen:
Hans Sander Frühlingstr. 4 67657 Kaiserslautern
( und FAX: (06 31 / 69 2 88)
E-Mail: zentralkom@aol.com
Im Namen des Demo-Vorbereitungsbündnis


Kaiserslautern, den 1. November 1999