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  Mit akribischer Recherche Todesstrafe abgesetzt
Die Welt, Samstag, 05.Februar 2000,
Von Michael Remke
 
 

Wie Studenten aus dem US-Staat Illinois die Unschuld von 14 Hinrichtungskandidaten bewiesen

New York - Der Gouverneur des amerikanischen Bundesstaates Illinois, George Ryan, ist immer ein öffentlicher Befürworter der Todesstrafe gewesen. Doch nach mittlerweile 14 eindeutig bewiesenen Fehlurteilen kann er jetzt den Vollzug der Höchststrafe nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren. Ryan hat die Notbremse gezogen und die Vollstreckung der Strafe außer Kraft gesetzt.

In den USA, in der seit Wiedereinführung der Todesstrafe 1977 mehr als 200 Menschen exekutiert wurden und zwei Drittel der Bevölkerung diese Strafe befürworten, gleicht dieser Schritt einer Sensation. "Unser System ist voller Fehler und wird immer mehr zu einem Albtraum", begründet Ryan seine umstrittene Entscheidung. "Ich kann mir nicht mehr sicher sein, dass die Gerichte nicht noch mehr Unschuldige zum Tode verurteilt haben."

Zurzeit sitzen 150 Menschen in den Todestrakten von Illinois. Die als Mörder verurteilten Willie Enoch und Walter Thomas wären als nächste an der Reihe gewesen, durch eine staatliche Giftspritze exekutiert zu werden. Mittlerweile 13 zu Unrecht verurteilte Mörder musste der Gouverneur, der über Gnadengesuche entscheiden muss, bereits auf freien Fuß setzen. Lyoyd Wyckliffe, Nummer 14, der 1982 wegen Polizistenmordes verurteilt wurde, ist auch unschuldig, bleibt aber in Haft, weil er für einen anderen Mord lebenslang bekommen hat.

Für Gouverneur Ryan ist es besonders peinlich, dass nicht die eigenen Justizbehörden die Fehlurteile aufgedeckt haben, sondern Studenten, nämlich Hochschüler des Kent-College und vor allem Publizistik-Studenten der Northwestern Universität in Chicago.

Unter der Leitung von Professor David Protess konnte dort eine Gruppe von zehn Studenten einen Skandal offen legen, der die Justiz des Bundesstaates erzittern ließ. "Wir haben uns durch Prozessakten gewühlt und Zeugen, Staatsanwälte, Richter und Rechtsanwälte befragt", beschreibt Student Shawn Armbrust (21). Zuletzt sei die Tat am Originalschauplatz nachgestellt worden. "Manchmal genügte schon ein Detail, um die Unschuld zu beweisen", so Armbrust.

 
Quelle:
www.welt.de/daten/2000/02/05/0205vm150484.htx
Die Welt, Samstag, 05.Februar 2000,
Von Michael Remke

Siehe auch:
Bröckelt die Front der Todesstrafen-befürworter ?(Staatlicher Mord in den USA; Angehörigen Info Nr. 230)

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