Zurück zu Dokumente  Mumia Solidaritäts Index MSI [de]   14.02.2000 
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  Anmaßend und borniert
Heidelberger Vertreter der Roten Hilfe bricht Mumia-Solidaritätsveranstaltung ab
 
 

In zwei jeweils zwei-seitigen Erklärungen - eine von der Roten Hilfe Heidelberg, die andere von einer Veranstaltungsbesucherin - wird der Abbruch einer Veranstaltung rechtfertigt, die am 7.12. in Heidelberg im Karlstorbahnhof unter dem Titel "Freiheit für Mumia Abu-Jamal " stattfand. Das alleine wäre noch kein Grund der Gegenrede. Doch die Erklärungen kursieren nicht nur als Flugblätter, sondern sind auch im ARNIE, dem Info - Rundbrief des Antifaschistischen Aktionsbündnisses Rhein-Neckar, veröffentlicht worden, ebenso sind sie auch ins Internet reingestellt und bundesweit an verschiedene E-Mail Adressen verschickt worden. Die Veranstaltung ist abgebrochen worden, obwohl die überwiegende Mehrheit der etwa 140 Teilnehmerlnnen dies nicht wollten und den Vortrag von Ramona Africa interessant fanden.

Dem Vertreter der "Roten Hilfe Heidelberg" geht es offensichtlich nicht darum, intern eine Diskussion zu führen und strittige Punkte zu klären, sondern eine Kampagne zu inszenieren.

Auch als Nicht - Besucher besagter Veranstaltung liefern die Erklärungen genügend Anhaltspunkte für diese Vermutung. Die Autorlnnen beziehen ihre vernichtende Einschätzung der MOVE - Vertreterin auf ein einzig veröffentlichtes Zitat : "We don't believe in homosexuality, we don't believe in abortion" (wir glauben nicht an Homosexualität und an Abtreibung). Dies reicht für die Autorlnnen aus, um zu der Einschätzung zu kommen, dass MOVE "heterosexistische Bevölkerungsstrategien gegen Homosexualität und gegen Abtreibung" verfolge. Die Ortsgruppe Heidelberg distanziert sich von den Aussagen der MOVE - Vertreterin Ramona Africa aufgrund ihres "homophoben, sexistischen, bevölkerungspolitischen und verschwörungstheorethischen Inhalts" einem "kruden Mix aus plakativen Revolutionstaumel, bevölkerungspolitischer Verschwörungstheorie, biologistischer Lebensschützerlnnenargumentation und volksgemeinschaftlichem Unity - Gewäsch." Das ganze habe "einen reaktionären Kern" und einen "religiösen Charakter".

Worin besteht nun der Kern der Aussagen außer besagtem Zitat?

In den Erklärungen findet man ihn vergebens. Ich habe bei Veranstaltungsbesucherlnnen nachgefragt. Im neben stehendem Kasten sind wesentliche Aussagen festgehalten. Die Aussage "we don't believe..." ist nicht im Hauptvortrag gefallen sondern ist die Antwort auf eine entsprechende Frage. Ramona Africa, hat aber festgestellt, dass MOVE Homosexuelle akzeptiere und mit homosexuellen Gruppen und Menschen zusammenarbeite, aber dass Move nicht daran glaube. Ähnlich hat sich Mumia Abu-Jamal, der Mitglied bei Move inzwischen ist, in einem seiner Bücher geäussert. Man kann diese Aussage sicherlich zurecht sehr kritisch sehen. Man kann diese Aussage aber nicht isoliert sehen, von dem vielen anderen, was Mumia Abu-Jamal und Move veröffentlicht hat. SeineVeröffenlichungen sind ein wichtiges Dokument des afro-amerikanisehen Widerstands in den USA.

Ich habe den Eindruck, daß die VerfasserInnen der Erklärungen sich nicht im geringsten mit Mumia und seinen Ideen auseinander gesetzt haben. Aber es ist ja mittlerweile üblich auch für viele "Linke" in Deutschland, mit ihren Wertvorstellungen Menschen, Gruppen und Organisationen in der ganzen Welt zu beurteilen und zu beglücken. Es macht nun z.B. mal einen Unterschied aus, ob Befreiungsbewegungen aus dem Trikont oder Menschen aus Deutschland sich positiv auf "Volk" oder "Unity" beziehen.

In der Erklärung der Veranstaltungsbesucherin wird bedauert, dass Mumia "nur das Glück in Move (habe), eine Lobby zu haben, die es geschafft hat, weltweit Aufmerksamkeit für seinen Fall zu erwecken", "die ihn in meinen Augen zu einem gewissen Grad auch zu ihren Zwecken instrumentalisiert".

Man könnte es auch andersherum sehen : Es ist doch ein Glück und ein Verdienst der Solidaritätsbewegung, daß der Kampf für die Freiheit von Mumia Abu - Jamal weltweite Bedeutung erlangt hat und zu einem symbolhaften Kampf gegen die Todesstrafe geworden ist. Aber genau das ist offensichtlich nicht gewünscht, da die Solidaritätsbewegung von den Wertvorstellungen unserer tollen Heidelberger "Linksradikalen" abweicht.

(scr)

 
Siehe auch:
Zur MOVE-Veranstaltung am 07.12.1999 in Heidelberg (Erklärung der Roten Hilfe e.V. Heidelberg zur MOVE-Veranstaltung am 07.12.1999 im Karlstorbahnhof)
Mitschrift von Ramona Africas Vortrag am 7.12.99 in Heidelberg (Unvollständig)
Stellungsnahme zur "Move-Veranstaltung am 7.12.99 in Heidelberg" (29.1.2000)

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