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  Es ist ein Kampf auf Leben und Tod
Mumia Abu-Jamals Situation hat sich verschärft; Jeff Mackler / 12. März 2001
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Mumia Abu-Jamal, ein mit Preisen ausgezeichneter Journalist, seit 19 Jahren Todeszelleninsasse und international bekannter politischer Gefangener, hat überraschend einen »Antrag auf Entbindung der Verteidigung wegen eines Interessenkonfliktes« eingereicht.
Am Montag, den 5. März, stellte er den förmlichen Antrag, seinen Hauptverteidiger Leonard Weinglass und dessen Mitverteidiger Dan Williams von ihrem Mandat zu entbinden. In seinem Antrag, der dem zuständigen US-Bezirksgericht zugeleitet wurde, stellt Jamal fest: »Am Samstag, den 24. Februar 2001, hat der Antragsteller durch eine Briefsendung definitiv davon erfahren, daß Mr. Williams im Begriff ist, über das anhängige Verfahren (der angestrebte neue Prozeß, d.Red.) ein Buch zu veröffentlichen, von dem es heißt, es sei ein 'Insiderbericht'.«

Mumia Abu-Jamal beruft sich auf ein Gesetz, nach dem es untersagt ist, »Vereinbarungen über literarische Werke zu treffen oder zu verhandeln, wenn diese substantiell auf Informationen basieren, die im Wege anwaltlicher Vertretung erlangt wurden«. Weiter heißt es im Antrag: »Nach bestem Wissen und Gewissen bestätigt der Antragsteller, daß der Verteidiger mit der genannten Publikation eines 'Insiderberichts' unbestreitbar einen Interessenkonflikt heraufbeschworen hat, der einen Loyalitätsbruch des Mandatsverhältnisses darstellt. Demgemäß wird die sofortige Entbindung der Verteidigung sowie ein Eintreten in den pro-se-Status und die Gewährung einer angemessenen Frist zur Erlangung einer neuen Verteidigung beantragt.« Der Begriff »pro se« oder »für sich« bedeutet, daß Mumia vorübergehend ohne anwaltliche Vertretung ist und sich selber rechtlich vertritt.
Das betreffende Buch, dessen Autor Dan Williams ist, trägt den Titel »Executing Justice: An Inside Account of The Case of Mumia Abu-Jamal« und soll am 9. April im Verlag St. Martin's Press in New York erscheinen. Weder Mumia noch der zentralen Leitung seiner Kampagne, dem Komitee »International Concerned Family and Friends«, ist das Buch zur Kenntnis gebracht worden. Mumia muß also den Inhalt des Buches erst noch begutachten. Aber die Tatsache allein, daß es ohne Mumias Wissen und Einwilligung veröffentlicht werden soll, hat zahlreiche Anwälte, die seinen Fall sehr aufmerksam verfolgen, zutiefst schockiert. Dem Verfasser dieses Artikels wurde gerade erst ein »Vorausexemplar mit unkorrigierten Satzfahnen« des Buches zugestellt. Es wurde umgehend an Mumia weitergeleitet. Das überblickartige Durchsehen ergab, daß es zwar die zentralen juristischen Standpunkte Mumias sorgfältig darlegt, daß es aber sowohl eine Reihe fragwürdiger Formulierungen als auch Implikationen zum Sachverhalt enthält, die durchaus als zweideutig, unverständlich und unhaltbar angesehen werden können. Zu diesem Zeitpunkt ist leider ein genauerer Kommentar noch nicht möglich. Leonard Weinglass, einer der führenden Anwälte der USA in Todesstrafenverfahren und Menschenrechtsfragen, hat Mumias Entbindungsantrag nur insoweit kommentiert, daß es nach wie vor zuallererst darum gehe, Mumia frei zu bekommen, und daß er jederzeit zur Verfügung stehe, auf jede erdenkliche Art zu helfen.
Es kann keinen Zweifel daran geben, daß unter den momentanen Bedingungen Dan Williams' Buch auf gesteigertes Interesse bei denen stoßen wird, die Mumias Hinrichtung fordern. Alleine aus diesem Grund scheint hier ein gravierender Fehler begangen worden zu sein.

Wir stehen vor einer gefährlichen Situation

Erst jetzt ist sich Mumias Unterstützerbewegung der großen Gefahr bewußt geworden, der sich Mumia gegenübersieht, je näher die Anhörung vor dem Bundesbezirksgericht rückt. Nach den Bestimmungen der 1996 verschärften Todesstrafengesetzgebung hätte Mumia kein automatisches Berufungsrecht, wenn der zuständige Bundesbezirksrichter William H.Yohn gegen ein Wiederaufnahmeverfahren entscheiden würde. Im Falle einer negativen Entscheidung müßte Mumia, um die nächste Instanz anrufen zu können, von Richter Yohn ein Zertifikat ausgestellt bekommen, das ihm eine »Berufungsberechtigung« bescheinigt. Das heißt, diese wäre eine Art Erlaubnis von eben jenem Richter, der gerade gegen ihn entschieden hätte. Fehlt dieses Zertifikat, hat er auch kein Recht, das zuständige 3. US-Bezirksberufungsgericht anzurufen. Demzufolge kann Richter Yohns negative Entscheidung die sofortige Aufhebung des 1998 gerichtlich verfügten Hinrichtungsstopps nach sich ziehen. Damit würde sofort wieder der Zeiger auf der Uhr zu laufen beginnen, mit der die letzten Tage in Mumias Leben angezeigt werden.
Würde Mumia ohne das genannte Zertifikat in Berufung gehen, wäre das angerufene Gericht nicht verpflichtet, seinen Fall anzunehmen oder zu entscheiden. Es könnte tatenlos verharren und damit zulassen, daß ein neuer Hinrichtungsbefehl unterzeichnet und Mumia mit der tödlichen Injektion ermordet würde.
Aus diesem Grund hat die Nationale Koordination der Kampagne in den USA eine Reihe von Aktivitäten in Angriff genommen, um dieser akuten Herausforderung zu begegnen. Zunächst wird am 30. und 31. März eine Bundeskonferenz in Washington DC stattfinden, von der weitere Initiativen ausgehen werden, mit der die Unterstützung durch den Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO, durch bedeutende religiöse, feministische und Menschenrechtsgruppen erreicht werden soll. Im Anschluß an diese Bundeskonferenz findet in Washington DC am 1. und 2. April eine Gewerkschaftstagung für Mumia statt.
Für Samstag, den 12. Mai 2001, wird zu einem weltweiten Aktionstag aufgerufen, dessen Schwerpunkte in den USA San Francisco an der West- und Philadelphia an der Ostküste sein werden.
Am »Tag X«, dem ersten Tag, an dem Mumia zur Anhörung vor Gericht erscheint, wird es eine große Massenmobilisierung geben. Auch wenn dieser Tag nach wie vor zeitlich nicht genau eingegrenzt werden kann, so ist doch klar, daß weltweit alle, die für demokratische und Menschenrechte eintreten, ihre Kräfte mobilisieren und nach Philadelphia schauen: »The whole world is watching!«

Übersetzung: Jürgen Heiser

 
Siehe auch:
WICHTIGE KORREKTUR der Meldung des Philadelphia Inquirer - C. Clark Kissinger am 13.04.01
Abu Jamal darf seine Anwälte entlassen, sagt Richter (Der fehlerhafte Bericht) - Auszüge aus einem Bericht der Zeitung Philadelphia Inquirer vom 10.04.2001 / von C. Clark Kissinger
Mumia entlässt sein Anwaltsteam - Schüler Aktiv für Mumia Solidaritätsbündnis aus Hamburg zur aktuellen Situation Mumias. / 15. März 2001
Seite zum TagX

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