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  Mysteriöser Polizistentod
Ermittler aus Fall Mumia Abu-Jamals weiteres Opfer der Polizeikorruption in Philadelphia?
 
 

Als Thomas Bray am 13. November 2001 starb, schien es sich nur um das tragische Ende eines angesehenen Polizeibeamten und hochdekorierten Veteranen des Vietnamkrieges zu handeln. Mittlerweile mehren sich die Anzeichen dafür, daß die Umstände seines Todes im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen korrupte Polizeikreise neu untersucht werden müssen. Es ist nun auch die Verteidigung von Mumia Abu-Jamal, die wegen der engen Verzahnung der Mordvorwürfe gegen ihren Mandanten mit den Korruptionsskandalen der Polizei von Philadelphia ein Interesse an der Aufklärung hat. Denn Thomas Bray taucht auch in Abu-Jamals Fall schon sehr frühzeitig auf.

In den frühen Morgenstunden des 9. Dezember 1981, als Abu-Jamal gerade unter Mordverdacht verhaftet und schwerverletzt ins Jefferson Hospital eingeliefert worden war, betrat Bray nach eigener Aussage das Krankenhaus und traf dort auf den mit Handschellen gefesselten Abu-Jamal. Der soll zu ihm gesagt haben: »Es freut mich, was passiert ist. Laßt mich frei, dann lege ich alle Bullen um.« Die Aussage von Bray spielte dann im Verfahren gegen Abu-Jamal die Rolle eines indirekten Geständnisses, wie sie auffallend viele Polizisten gehört haben wollen, obwohl auch nach Auskunft der behandelnden Mediziner Abu-Jamal wegen der Schußverletzung seiner Lunge kaum in der Lage war zu reden. Das dürfte eigentlich heute auch keine Rolle mehr spielen, denn mittlerweile liegt das Geständnis von Arnold Beverly vor, der aussagt, den Polizistenmord, für den Abu-Jamal zum Tode verurteilt wurde, als Berufskiller im Auftrag von Unterwelt und korrupten Polizeikreisen begangen zu haben, weil der ermordete Polizist Daniel Faulkner seinen kriminellen Kollegen gefährlich wurde.

Bray war in seinen letzten Jahren ein bekannter und populärer Polizeitaucher, saß in Talk Shows und durfte den Präsidenten Bush senior und Clinton die Hand schütteln. Seine Freunde bezeichneten Bray als »mediengeil«. Den Kontakt mit Abu-Jamals Fall hatte Bray zu Beginn seiner Laufbahn. Seine Aussage hatte Gewicht, weil er schon damals einen Ruf als »vorbildlicher Polizist« hatte. Zum Zeitpunkt seines Todes war Bray mit internen Ermittlungen gegen seinen früheren Abteilungsleiter befaßt. Zu diesem Zweck trug er bei Gesprächen mit diesem Beamten ein verborgenes Mikrophon. Die Leitende Staatsanwältin von Philadelphia, Lynne Abraham, wurde jetzt aufgefordert, die Tonbänder dieses Lauschangriffs herauszugeben. Wenn auch die Inhalt dieser Gespräche noch unbekannt ist, so haben die Ermittlungen jedenfalls zu einer Verurteilung des Abteilungsleiters in vier Punkten geführt: Diebstahl, Verschwörung, Einschüchterung von Zeugen und Strafvereitelung im Amt.

Officer Bray nahm in dieser Zeit auch seine Aufgaben als Polizeitaucher war. Am 13. November letzten Jahres hatte er an einer Boje im Delaware River zu tun. Er tauchte nicht mehr auf, weil er sich in der Bojenverankerung verheddert hatte. Als er an die Oberfläche gebracht wurde, war sein Körper bereits leblos. Er verstarb kurze Zeit später im Hospital der University of Pennsylvania, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Ursache waren neben Ertrinken auch äußere Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft befand sehr schnell, es habe keine »Fremdeinwirkung« gegeben. Demgegenüber hatten Recherchen der Medien ergeben, daß es zumindest grobe Fahrlässigkeiten bei der Abwicklung des Tauchvorgangs gegeben hatte. Abu-Jamals Verteidigung vermutet jetzt, daß Bray, der 1981 in der Falschaussage gegen Abu-Jamal noch mit seinen Kollegen an einem Strick gezogen hatte, später in Widerspruch zu kriminellen Vorgängen seiner Kollegen geraten ist und ihn ein ähnliches Schicksal ereilt hat wie Faulkner und mehrere andere Beamte, die ebenfalls aus unerklärlichen Gründen im Dienst zu Tode kamen. Die wachsende Zahl dieser Fälle, die im Laufe der letzten Jahre an die Öffentlichkeit gekommen sind, läßt auch die Forderung lauter werden, daß der Fall Abu-Jamals als Teil einer Untersuchung gegen die gesamte Polizeibehörde von Philadelphia neu aufgerollt werden muß.

Jürgen Heiser

Neuerscheinung dazu:  »Free Mumia - Dokumente,Analysen, Hintergrundberichte«; www.atlantik-verlag.de

 
Quelle:
 Tageszeitung junge Welt vom 06.04.2002

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