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US-Richter: Kein neues Verfahren für Mumia Abu-Jamal - Todesurteil nur ausgesetzt
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Nur wenige Tage, nachdem die USA in weltweiten Protesten dafür gebrandmarkt wurden, daß der US-Bürgerrechtler und Journalist Mumia Abu-Jamal seit 20 Jahren unschuldig in der Todeszelle sitzt, hat Bundesbezirksrichter William H. Yohn am Dienstag seine seit weit über zwei Jahren erwartete Entscheidung bekanntgegeben: Er hob das Todesurteil vorläufig auf und setzte dem Staatsgericht von Philadelphia eine Frist von 180 Tagen, neu über das Strafmaß zu verhandeln. Geschehe dies nicht, werde nach Ablauf des halben Jahres die Strafe auf seine Weisung hin automatisch in Lebenslänglich umgewandelt. Richter Yohn stützt seine Entscheidung nicht auf den von Abu-Jamals Anwälten eingereichten überwältigenden Katalog von juristischen Anfechtungen, neuen entlastenden Beweismitteln und dem Geständnis des eigentlichen Täters Arnold Beverly, sondern einzig auf die Feststellung, die Geschworenen hätten 1982 nicht ausreichend mildernde Umstände berücksichtigt. Daher sei das Strafmaß aufzuheben gewesen und müsse vor einer Jury neu verhandelt werden. Gleichzeitig lehnte Yohn den Berufungsantrag von Abu-Jamals Verteidigung ab, die seit 1995 die Wiederaufnahme des Verfahrens fordert. Yohn sieht auch keine Gründe, über die von der Verteidigung seit Jahren vorgebrachten neuen Unschuldsbeweismittel in einer gerichtlichen Anhörung zu verhandeln. Damit bleiben die Prozeßakten weiterhin frei von allen Fakten, die für Abu-Jamals Unschuld sprechen. Gegen diese Entscheidung kann vor dem nächst höheren Bundesgericht in Pennsylvania Berfung eingelegt werden. Allerdings wird der dann zuständige Bundesrichter nur noch nach Aktenlage entscheiden. Das Tatgeständnis von Arnold Beverly und alle anderen Aussagen von Entlastungszeugen sind darin nicht enthalten. Mit seiner Entscheidung hat Richter Yohn die momentan auf Befriedung ausgerichtete US-Innenpolitik bedient, indem er einerseits den Kritikern der Todesstrafe den Wind aus den Segeln nehmen will, weil Abu-Jamal nach Rechtskraft seiner Entscheidung aus dem Todestrakt verlegt werden und keinen Hinrichtungsbefehl des Gouverneurs mehr fürchten müßte. Damit soll der weltweit bekannteste Kritiker der Todesstrafe in den USA, der durch seine Bücher und Kolumnen der Öffentlichkeit einen Einblick in den barbarischen Vollzug der Todesstrafe gegen momentan mehr als 3700 Menschen gewährt hat, kaltgestellt werden, ohne daß man ihn freilassen muß. Denn gleichzeitig gilt Abu-Jamal nach Yohns Richterspruch weiterhin als der Mörder des Polizisten Daniel Faulkner. So muß sich die Justiz nicht öffentlich mit der Tatsache auseinandersetzen, daß der wahre Mörder vor laufender Kamera ausgesagt hat, der Auftragsmord sei im Dezember 1981 aus der Unterwelt Philadelphias gekommen, die mit korrupten Polizeikreisen zusammenarbeite und mit Faulkner einen für die illegalen Geschäfte hinderlichen Revierpolizisten beseitigt sehen wollte. Doch die rechte Polizeigewerkschaft »Fraternal Order of Police« und die Witwe des erschossenen Polizisten wollen weiterhin Abu-Jamal in der Hinrichtungskammer sehen. Maureen Faulkner in einer ersten Reaktion:»Richter Yohn ist meiner Meinung nach eine kranke und verlogene Person. Nachdem er die Sache zwei Jahre ausgesessen hat, trifft er seine Entscheidung kurz vor Weihnachten. Er will einen Mittelweg gehen und beide Seiten zufriedenstellen, und das geht nicht.« Die Staatsanwaltschaft hat schon angekündigt, sie werde gegen Yohns Entscheidung Berufung einlegen. Die Solidaritätsbewegung für Mumia Abu-Jamal in den USA und Europa wertet die Entscheidung von Richter Yohn hingegen als Eingeständnis, daß der Prozeß 1982 nur durch offenen Rechtsbruch und in einem rassistischen Vorverurteilungsklima möglich war. In Philadelphia sollte am Mittwoch nach jW-Redaktionsschluß eine Pressekonferenz stattfinden, auf der Verteidigung und das »Internationales Komitee der Freunde und Familie Abu-Jamals« die aktuelle Entwicklung würdigen werden. Pam Africa, Sprecherin des Komitees, sagte gegenüber jW:»Wir werden nicht aufhören zu kämpfen, bis Mumia endgültig frei ist!« Sprecher der Kampagne in Deutschland erklärten, auch nach Umwandlung der Strafe gegen Abu-Jamal werde der Kampf gegen die Todesstrafe unvermindert fortgesetzt. Der PDS-Bundestagsabgeordnete Carsten Hübner forderte am Mittwoch die Freilassung von Abu-Jamal. »Ein neuer Prozeß, in dem endlich alle Beweise auf den Tisch und die rassistischen Hintergründe seiner damaligen Verurteilung zur Sprache kommen, ist überfällig.« Hübner verwies in Berlin auf die politische Bedeutung des Richterspruchs: Internationale Solidarität kann erfolgreich sein. Am 12. Januar findet in der Humboldt-Universität zu Berlin die Rosa-Luxemburg-Konferenz 2002 »Tot oder lebendig Widerstand in der neuen Weltkriegsordnung« statt. Von jW-Kolumnist Mumia Abu-Jamal gibt es dazu einen eigenen Beitrag. |
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Tageszeitung junge Welt 20.12.01 Siehe auch:
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